Sonntag, 26. April 2015

Aufgelesen 2015 (II)

Menschen bei Maischberger
 
Ein Leben ohne Ängste oder die Aussicht auf göttliche Liebe: Was Sektengurus versprechen, klingt oft verlockend. Ihre Anhänger vertrauen ihnen blind, gehorchen selbst absurden Anweisungen, unterziehen sich freiwillig einer Gehirnwäsche. Was passiert aber, wenn man sich von autoritären Lehren lossagt, wenn man erkennt, dass der angebliche Königsweg in ein besseres Leben ein Irrtum war?  Wie schwer sind der Ausstieg und die Rückkehr in den Alltag?

Gitta Saxx (Model und Guru-Opfer)
 
Es begann ganz harmlos: weil sie oft heftige Kopfschmerzen quälten, suchte das Model Hilfe bei einem selbst ernannten "Reiki-Meister". Er versprach ihr Hilfe und Schutz in allen Lebenslagen: "Doch nach kurzer Zeit wurde daraus Gehirnwäsche im Turbogang. Bald kontrollierte er mein gesamtes Leben", so Gitta Saxx. Immer höhere Geldforderungen ihres "Gurus" trieben das Model in den finanziellen Ruin. Erst als sie nach acht Jahren völlig überschuldet auch noch ihre Wohnung verlor, kommt die Fotografin von ihrem Guru los. 

Judith Mühlbacher (wuchs in urchristlicher Sekte auf)
 
Sie war ein zweijähriges Kind, als ihre Eltern sich einer strengen urchristlichen Glaubensgruppe anschlossen, die nach den Lehren eines neuen Propheten lebte. "Ab diesem Zeitpunkt war ich nicht mehr ihr Kind, sondern Kind der Gemeinschaft", erzählt die heute 35-Jährige. Über 20 Jahre blieb sie in der Sekte. "Auch körperliche Bestrafungen, um den Willen zu brechen, gab es", berichtet Judith Mühlbacher. Als die Glaubensgruppe ihre Verlobung mit einem anderen Mitglied auflöst, entscheidet sich Judith Mühlbacher für den Ausstieg.

Maria Diederichs (Ehem. Otto Muehl-Kommunardin)
 
Ende der siebziger Jahre wurde die Hamburgerin Mitglied der so genannten "AAO"  (Aktionsanalytische Organisation). Die berühmte Kommune um den österreichischen Künstler Otto Muehl proklamierte freie Sexualität, gemeinsames Eigentum und das Ende von der Familie. "Ich habe fest an dieses alternative Lebensmodell geglaubt", sagt die heute 60-Jährige. 1991 wurde Otto Muehl zu sieben Jahren Haft wegen Kindes- und Drogenmissbrauch verurteilt. Die Kommune zerbrach. Heute sagt Maria Diederichs: "Es war eine Sekte und Otto Muehl ein Guru. Irgendwann ist er abgehoben. Irgendwann dachte er, er ist Gott. Das war sein Verhängnis."

Sascha Erdmann (Sektenaussteiger)
 
27 Jahre lang, seit seiner Geburt, stand der erfolgreiche Fotograf unter dem psychischen Druck einer religiösen Kleingruppe, die ein ehemaliger Pastor und seine Frau aufgebaut hatten. Sie behaupten, in Briefen Botschaften von Gott zu erhalten. Systematisch werden die Mitglieder ihrer Gruppierung auf diese Weise gelenkt. "Wenn ich Kontakt nach außen hatte, stand in den Briefen, dass die dunkle Seite Gottes mich vereinnahmt hatte. Mir wurde gedroht, dass Gott mich loslässt." Ungewöhnlich: Die Sekte leitet ein erfolgreiches Medienunternehmen. Erst vor zwei Jahren erkannte Sascha Erdmann die dahintersteckende Manipulation und verließ die Gruppe. 

Dieter Rohmann (Psychologe)
 
Seit Jahrzehnten betreut der Psychologe Sektenaussteiger. Mittlerweile hätten kleine Gruppen rund um Heiler, Meister und Heilpraktiker die großen Sekten abgelöst. Die Arbeitsweise sei jedoch die gleiche: "Angst ist während der Zugehörigkeit ein ständiger Begleiter, denn mit Angst und Schuld werden die Mitglieder hörig und unterwürfig gehalten", erklärt Dieter Rohmann. Seine Klienten seien oft  "Menschen mittleren Alters, nicht selten mit Hochschulabschluss, die mit einer schwierigen Lebenssituation nicht klar kommen."
 
Sendung am 3. März 2015, 23.15 Uhr

Mädchen vor IS schützen

Das Londoner Institute for Strategic Dialogue, das Online-Posts von westlichen Mädchen und Frauen in IS-Gebieten unter die Lupe genommen hat, schlägt andere Wege vor. Das Internet sei das entscheidende Schlachtfeld, schreiben die Forscher, dort müsse man den IS sozusagen mit den eigenen Waffen schlagen: "Gegenerzählungen müssen entwickelt werden und auf ein weibliches Publikum abzielen."

Focus, 1. März 2015

Alles außerhalb vom Satan

Judith Mühlbacher kam durch ihre Eltern mit zwei Jahren in eine Sekte, die sich die „Neuoffenbarer“ nennt. In dieser wird gelehrt, dass die Bibel über die Jahrhunderte verfälscht wurde. Deswegen ist ein neuer Prophet im 19. Jahrhundert erschienen, der diese Gemeinschaft gründete und die Bibel neuinterpretiert. Jesus wird darin als alleiniger und nicht dreieiniger Gott angesehen. Obwohl Mühlbacher immer wieder gesagt bekam, dass alle außerhalb der Gemeinschaft zu dem Reich Satans gehören und deswegen sterben werden, trat sie mit 22 Jahren aus. „Das ist die erste eigene Entscheidung für mich und meine Bedürfnisse gewesen.“

pro, 4. März 2015

Stadt kannte Vorwürfe

Im Fall der religiösen Gruppierung in Hanau hat jetzt das Jugendamt Stellung bezogen: 1991 habe ein volljähriger Informant dem Amt berichtet, dass er „in einer Sekte“ aufgewachsen sei, die von einer Frau und deren Ehemann geführt werde. In der Gruppe, in der auch minderjährige Kinder leben würden, sei ein Junge zu Tode gekommen, so der Informant. Neue Mitglieder müssten Geld für eine Firma geben, die mit der Gruppe verflochten sei. Den Kindern gehe es nicht gut, so der Informant damals.

Frankfurter Rundschau, 19. März 2015

Zeugen Jehovas und Scientology immer noch gefährlich

Die Zeugen Jehovas und Scientology seien immer noch gefährlich, warnte die Expertin. Die Anzahl an Beratungsfällen habe sich zwar nicht groß verändert, es gebe es aber inzwischen mehr Menschen, die aus solchen Gruppierungen ausstiegen.

Westfälische Nachrichten, 26. März 2015

Gespräche mit Aussteigern und Mitarbeitern

Seitdem bekannt wurde, dass Scientology in Basel einen neuen Hauptsitz plant, recherchiert Susanne Schaaf zur neuen Ideal Org der Sekte. Die Geschäftsführerin der Zürcher Anlaufstelle infoSekta hat dazu Gespräche mit Aussteigern wie mit aktiven Mitarbeitern geführt. Zu ihr gelangen immer wieder auch verzweifelte Familienangehörige von Scientology-Mitgliedern.

TagesWoche, 27. März 2015

Sprengstoff für Scientology

Der Dokumentarfilm „Going Clear“ von Regisseur Alex Gibney birgt viel Sprengstoff für Scientology. Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Lawrence Wright breitet es das Leben des Scientology-Gründers L. Ron Hubbard aus und erklärt die perfiden Mechanismen der Sekte. Im Vorfeld ließ die Produktionsfirma HBO 160 Anwälte die Doku auf Herz und Nieren prüfen, um sich gegen Klagen der umstrittenen Organisation zu wappnen.

Focus online, 9. April 2015

Selbstmorde bei Zeugen Jehovas

Und es gibt auch die wirklich tragischen Fälle von Menschen, die an ihrem Ausstieg zerbrechen, dem psychologischen Druck nicht standhalten, sozial isoliert sind und sich das Leben nehmen. Bei einer Umfrage gaben über 85 Prozent der Zeugen Jehovas an, Glaubensgeschwister zu kennen, die Selbstmord begangen haben.

Huffington Post, 24. April 2015 

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