Donnerstag, 11. Februar 2010

Esoterik-Markt

11. Februar 2010
Klopf, klopf - Energie fließt wieder

Hilft gegen alles, gibt es zwar nicht, kann man aber behaupten. Wie Professor Dr. phil. Ruthard Stachowske auf den Seiten seines Institutes für mehrgenerationale Forschung und Therapie (IMFT), das 1996 gegründet worden ist, wenn er dort verlautbaren lässt: „Die Durchführung von Therapien nach der Energiefeldtherapie-Methode (EFT)“ gehöre zu den Zielen auch in der von ihm geleiteten Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch.

In den höchsten Tönen gepriesen wird diese Methode ebenfalls auf den Seiten www.gesundheitstrends.de, die von Birmingham aus ins Netz gelangen und mit dem Hinweis versehen sind, dass man keinesfalls auf einen Arztbesuch verzichten sollte: „Emotional frei ist nicht, wer schmerzhafte Erinnerungen verdrängt, sondern wer Schmerz und Erinnerung trennt. Gary Craig, der die energetische Heilmethode ´Emotional Freedom Techniques (EFT)´ entwickelt hat, sieht den Grund für jedes negative Gefühl in der Unterbrechung des Energiesystems des Körpers. Die Energiefeld-Therapie habe eine heilende Wirkung, weil durch das sanfte Klopfen auf blockierte Meridiane die Energie wieder ins Fließen gelange und sich durch gleichzeitiges Benennen der belastenden Erfahrungen die gewünschte Loslösung davon im Gehirn verankert. Auf diese Weise lassen sich - auch in der Selbstbehandlung - Ängste, Phobien und Traumata erfolgreich behandeln.“

Der Erfinder dieser Methode ist ein amerikanischer Ingenieur, der sich aus der chinesischen Medizin bedient hat. Hierzulande allerdings werden solche Weisheiten eher in die Nähe des Okkultismus gerückt. Doch Esoterik boomt und ist ein Milliardengeschäft. Manche schlürfen angeblich heilende Substanzen und schwören auf diese Bachblüten, die ebenso angeblich gegen alles Hilfe leisten. Andere gehen gleich zu den Scientologen und bringen ihre Engramme aus dem reaktiven mind beim Auditing zur Sprache, die beim Begleichen der Rechnung ins Stottern geraten kann. Jeder Humbug findet seinen Platz auf dem Esoterikmarkt.

Interessant sind immer die Parallelen: Auch L. Ron Hubbard hat seine Methode in den Anfangsjahren als Selbstheilungsmethode angepriesen. Die Scientology Church gab es noch nicht, als dieser Science-fiction-Autor behauptete, er habe sich sozusagen im Alleingang von schweren Krankheiten wieder befreit. Doch irgendwann merkt jeder, dass er auf eine Goldader gestoßen ist und schon ist aus einer Selbstheilungsmethode eine Methode geworden, die andere so lange erlernen müssen, bis sie endlich vergessen haben, dass es Anlass zur Methodenkritik gegeben hätte.

Vieles schmerzt. Eine Trennung. Der Verlust des Arbeitsplatzes. Der Tod eines lieben Menschen. Die schlechten Zeugnisse der Kinder. Die Niederlage des Lieblingsvereins. Ein Sturz. Ein Bankkonto mit roten Zahlen. Manche Fernsehprogramme. Aber wie trennt man da den Schmerz von der Erinnerung? Kann man um 17.18 Uhr noch beim Schlusspfiff des letzten Saisonspiels geheult haben, weil nun der Abstieg der Elf dort unten besiegelt ist und sich um 17.23 Uhr schon wieder auf die Schulter klopfen, da jedem Abstieg auch ein Aufstieg folgen kann? Geht nicht. Denn dazu müsste man sich an die Regeln im Fußballgeschäft erinnern. Dafür erforderlich sind: gespeicherte Informationen. Auch schmerzhafte.

Wenn Intelligenz bedeutet, dass man sich in unbekannten Situationen mit dem vorhandenen Wissen zurechtfindet, dann hätte die Energiefeldtherapie Dummheit zur Folge. Wenn sie erfolgreich wäre. Ist sie aber nicht. Das ist gut so, denn der Mensch ist keine Maschine, aus der bestimmte Teile einfach entfernt werden können und die mit neuen Teilen wieder in Schwung gebracht werden kann. Wer behauptet, er könne an der Seele herumschrauben oder sie weich klopfen, ist ein Scharlatan. In welchem Gewand diese Scharlatane daherkommen, ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass der Volksmund dafür den Begriff „Seelenklempner“ geprägt hat.

Sollte nun jemand meinen, dass mit der Energiefeldtherapie die esoterischen Grenzen abgesteckt sind, der irrt sich gründlich. Auch nach Craig kommt immer noch was, beispielsweise der Energiekörper. Den allerdings können nur medial Veranlagte sehen, heißt es auf den einschlägigen Seiten. Schon bricht man auf zu glücklicheren Ufern, die man laut Bhagwan, der seine Guru-Laufbahn 1969 begonnen hat, aber nur erreichen kann, wenn man sich als Gefäß betrachtet, dass geleert werden muss. Wohin derlei Entleerungen führen können, hat Giovanni Trappatoni 1998 als Trainer von Bayern München in seiner legendären Wutrede über die Spielweise seiner Mannschaft so zum Ausbruch gebracht: „Flasche leer“. Deswegen habe er fertig. Wenn das nicht Warnung genug ist…