Der Chef bekommt keine Schnitte
22. Mai 2016. Mit einem kurzen Beitrag über eine zentrale Pfingstveranstaltung der Neuapostolischen Kirche (NAK) hat die "Hessenschau" etwas Staub aufgewirbelt. Die NAK hält den Beitrag für unfair und schmollt, weil man dem Sender eine Dreherlaubnis gegeben hat - und dann so was. Reagieren will man "angemessen". Man sei doch gar nicht mehr so schlimm wie früher, versichern auch Mitglieder, Aussteiger antworten, seid ihr wohl.
Vielleicht hilft dieses Zitat weiter. Es stammt von dem internationalen NAK-Kirchenchef Jean-Luc Schneider: "2016 steht unter dem Motto „Siegen mit Christus“. Das gilt auch und vielleicht sogar in erster Linie für unser alltägliches Leben. Solch ein Satz beinhaltet viele Facetten; ich möchte hier einen Schwerpunkt herausnehmen: Zum Sieg mit Christus gehören Gottesfurcht und Vertrauen. Gottesfurcht ist der Respekt, die Ehrfurcht vor Gott, unserem Schöpfer und himmlischen Vater. Ihm wollen wir ein Leben lang vertrauen, auch in unseren schlechten Tagen."
An den Ton muss man sich erst einmal gewöhnen, sonst denkt man über diese Zeilen erst gar nicht nach. "Siegen" und "Furcht" wären beispielsweise bei einem Bundesligatrainer eine gelinde gesagt unglückliche Kombination von zwei Begriffen, die auf dem Platz zu einer Niederlage führen müsste. Furcht setzt zudem einen konkreten Anlass voraus, Angst dagegen wäre etwas Diffuses. Hätte Borussia Dortmund gestern Abend im Pokal-Endspiel Furcht vor Bayern München gehabt, wäre es zum Elfmeterschießen nicht gekommen, Angst wäre allerdings ein noch schlechterer Passgeber gewesen. Dann hätten die Bayern wahrscheinlich bei Halbzeit schon mit 2 : 0 geführt.
Sinn neuapostolischer Anweisungen ist aber nicht die Pflege der Logik, sondern die Fortsetzung einer absurden Philosophie mit anderen Mitteln. Wenn etwas "auch" und "vielleicht sogar in erster Linie gilt", kann man damit so wenig anfangen wie mit "zum Abendbrot gibt es auch Leberwurst, vielleicht sogar auf allen Brotschnitten".
Keine Schnitte bekäme Jean-Luc Schneider also bei allen, die eine NAK-Veranstaltung besuchen, damit sie danach klüger sind als vorher - und zwar in jeder Hinsicht. Gegen wen also will die NAK mit "Christus siegen"? Da Jesus auch Gott ist, vor wem soll man dann Furcht haben? Vor Papi oder vor Sohnemann - oder gar vor beiden? Was ist himmlisch an einem Vater, der Furcht mit Respekt gleich setzt? Geht Respekt ohne Furcht auch - oder "sogar in erster Linie"? Wie unterscheiden sich Furcht und Ehrfurcht? Ehre, wem Furcht gebührt?
In diesem Sinne habe ich die Hoffnung nicht verloren, dass irgendwann Pfingsten alle etwas Besseres vorhaben als den Besuch einer NAK-Pfingstveranstaltung. Und das nicht nur "auch", sondern zumindest "ist erster Linie".
Zum Beitrag in der "Hessenschau" Hier klicken
26. Mai 2016. Der Link zum "Hessenschau-Beitrag" führt inzwischen ins internette Nichts. Hat die Neuapostolische Kirche mit ihrer bekannt "angemessenen Art" Erfolg gehabt?
Es war einmal eine "angemessene Art" der Neuapostolischen Kirche Hier klicken
Im Netz entdeckt: Die ganze "Hessenschau" vom 15. Mai 2016
5. Juni 2016. Die Redaktion spricht inzwischen von schwerwiegenden Fehlern bei der Recherche - und das ist jetzt der Klick zur Hessenschau vom 15. Mai 2016
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