Aus religiösen Diktaturen
Mit Büchern, die ich ab 1989 über Sekten wie die Neuapostolische Kirche (NAK) und die Zeugen Jehovas geschrieben habe, half ich vielen Menschen bei der Befreiung aus diesen religiösen Diktaturen. Das hat mir jetzt wieder ein ehemaliges NAK-Mitglied bestätigt, das 1999 ausgestiegen ist, aber immer noch viel zu oft ein Auge auf die Entwicklung in dieser Glaubensgemeinschaft wirft und sich darüber aufregt, dass heute nicht mehr offiziell verboten ist, was früher einmal angeblich direkt in die ewige Verdammnis führte (Fernsehen, Kino, Disco, Sex außerhalb der Ehe, Rummelplätze, Fußball im Verein u. a.). Wer sich nicht ganz der NAK widmete oder Kritik übte, wurde von den NAK-Funktionären verdammt und mit Drohungen überhäuft.
Verdammt, habe ich schon als 13-, 14-Jähriger gedacht: Da stimmt doch etwas nicht. Dass ich Recht hatte, begriff ich in einem Augenblick. Im Schwarzwald begegnete ich auf einem Waldweg einem Mädchen, das ich nie vergessen werde. Sie trug eine Bluse mit weiten kurzen Ärmeln, einen kurzen Rock und ihre Augen leuchteten, wenn glockenhelle Wörter ihre Lippen verließen. Sie wusste, dass sie hübsch war. Ihr Selbstbewusstsein verlieh ihr eine unglaubliche Lebendigkeit. Dieser Funke sprang auf mich über, und mir schoss der Gedanke durch den Kopf: "Was für ein herrliches Geschöpf Gottes!" Sie lachte den Tag schön und lockte mich mit verrückten Ideen für die nächsten Stunden. Bei mir machte es klick und dieses Klick wirkt bis heute. Seither liebe ich freie, verrückte Menschen, die sich nicht unterkriegen lassen, seither verachte ich Menschen, die mit Gewalt, Hinterlist, Lügen und Intrigen immer nur eins erreichen wollen: ihren eigenen Vorteil, koste es den anderen, was es wolle. Menschen, die mich mit "ist doch alles egal" bremsen wollen, bekommen ein Geschenk von mir: Mitleid.
Die NAK gleicht inzwischen einem Jammerlappen, wo es entlang gehen soll, scheint niemand mehr zu wissen, der NAK-Gott schweigt. In Eberswalde heulte am 21. Juni 2015 ein NAK-Funktionär in sein Kissen: "Gott kann wieder Hunger nach seinem Wort ins Land schicken, aber er hat es die letzten Jahre leider nicht getan. Ich weiß nicht, warum." Damit gesellt er sich zu den bemitleidenswerten Zeitgenossen, für die immer die anderen schuld sind, wenn etwas schief geht. Ein Gott, der das Mädchen aus dem Schwarzwald erschaffen hat, muss sich um solche Jammerlappen fürwahr nicht kümmern. Wahrscheinlich freut er sich auch lieber über die Freien und Verrückten statt sich über NAK-Funktionäre zu ärgern, die das Schöne gar nicht mehr erkennen.
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